02 - Die Tote in der Bibliothek by Agatha Christie

02 - Die Tote in der Bibliothek by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T23:19:41+00:00


Zehntes Kapitel

I

Superintendent Harper betrachtete den verkohlten Blechhaufen. Ein ausgebranntes Auto war immer etwas Abstoßendes, auch ohne die grausige Fracht einer schwarz verkohlten Leiche.

Venn’s Quarry lag weit abseits jeder menschlichen Behausung. Von Danemouth waren es zwar nicht mehr als zwei Meilen Luftlinie, aber man gelangte nur über ein gewundenes, von tiefen Wagenspuren durchzogenes Sträßchen dorthin, wenig mehr als ein Feldweg, der an dem seit langer Zeit stillgelegten Steinbruch endete. Die Einzigen, die hin und wieder hierher kamen, waren Brombeerpflücker. Es war der ideale Ort, um einen Wagen loszuwerden. Das Auto wäre wochenlang unentdeckt geblieben, wenn nicht zufällig der Landarbeiter Albert Briggs auf seinem Weg zur Arbeit den Feuerschein gesehen hätte.

Albert Briggs war noch an Ort und Stelle, obwohl alles, was er zu sagen hatte, längst festgehalten worden war. Er schmückte die atemberaubende Geschichte mit immer neuen Details aus.

«Ich denk, ich seh nicht recht, was ist denn das? Richtig geleuchtet hat das am Himmel droben. Da macht wohl jemand ein Kartoffelfeuer, sag ich mir, aber wer macht schon drüben in Venn’s Quarry ein Kartoffelfeuer? Nein, sag ich, keine Frage, das ist ein richtig großes Feuer. Aber was kann da brennen, frag ich mich. Da in der Gegend gibt’s doch überhaupt kein Haus und keinen Hof. Das ist im Steinbruch, sag ich, ja, da ist es, keine Frage. Hab erst mal nicht gewusst, was tun, aber da ist Constable Gregg gekommen, mit dem Fahrrad, und dem hab ich’s erzählt. Gebrannt hat da schon nichts mehr, aber ich hab ihm gezeigt, wo er hinmuss. Da drüben, sag ich, riesiger Feuerschein, sag ich. Ein Heuschober wahrscheinlich, sag ich. Den hat bestimmt ein Landstreicher in Brand gesteckt. Aber dass es ein Auto ist, das hätt ich nie gedacht, und erst recht nicht, dass da jemand drin verbrennt, bei lebendigem Leibe. Furchtbare Tragödie das Ganze, keine Frage.»

Die Polizei von Glenshire war nicht untätig gewesen. Fotoapparate hatten geklickt, und die Lage der verkohlten Leiche war genau registriert worden, bevor der Polizeiarzt mit seinen Untersuchungen begonnen hatte.

Der Arzt, die Lippen grimmig zusammengepresst, trat jetzt zu Harper und klopfte sich die schwarze Asche von den Händen.

«Gründliche Arbeit», sagte er. «Alles verbrannt, bis auf Reste von einem Fuß und einem Schuh. Könnte im Moment selbst nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war, aber da werden die Knochen Aufschluss geben. Der Schuh ist so ein schwarzer Spangenschuh, wie ihn Schulmädchen tragen.»

«In der Nachbargrafschaft wird eine Schülerin vermisst», sagte Harper, «gar nicht weit von hier. Eine Sechzehnjährige.»

«Das wird sie sein. Das arme Mädchen.»

«Sie war doch hoffentlich nicht mehr am Leben, als…?», fragte Harper beklommen.

«Nein, nein, ich glaube nicht. Keine Hinweise darauf, dass sie versucht hätte herauszukommen. Die Leiche ist auf den Sitz geworfen worden, nur der Fuß hing heraus. Ich würde sagen, sie war schon vorher tot. Dann ist der Wagen angezündet worden, um die Spuren zu verwischen.»

Er schwieg einen Moment und fragte dann: «Brauchen Sie mich noch?»

«Ich denke nicht, vielen Dank.»

«Gut, dann mach ich mich mal wieder auf den Weg.»

Er ging zu seinem Wagen. Harper trat zu einem seiner Beamten, einem Experten für Autounfälle.



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